geigenbauer


Dokumentation 2015

Hermann Löschberger arbeitet am Dachboden seines Hauses. In seiner Werkstatt spürt man den Staub alter Hobel und den Geruch hölzerner Späne. Er ist einer von wenigen Meister-Geigenbauern in Österreich, für die die Ausbildung über eine dreijährige Lehre mit begleitender Berufsschule und eine bestandene Gesellenprüfung zur Basis gehört. Erst mit der darauffolgenden Meisterprüfung erlangt man das Recht, einen eigenen Betrieb zu führen und Lehrlinge auszubilden.

Doch Löschbergers Dachbodenwerkstatt hat keine zweite Toilette und keinen Platz für Auszubildende. Darum bleibt sein ganzes Wissen ungeteilt. Jeder Geigenbauer prägt seine Instrumente mit einer eigenen, unverwechselbaren Klangsprache, die in Österreich nur noch von wenigen Dutzend Betrieben weitergetragen wird. Sobald die letzte Generation ihre Meisterstücke gefertigt hat, droht ein leises Verstummen dieser alten Handwerkskunst.

In Löschbergers Händen nimmt jedes Brett von Fichte und Ahorn eine ganz eigene Stimme an. Die Auswahl des Resonanzholzes – Fichte für die Decke, Ahorn für Boden und Zargen – erfolgt genauso sorgsam wie das mehrstufige Lackieren. Doch die eigentliche Kunst liegt in den feinen Bewegungen: Mit Stechbeitel und Schaber formt er die Decke, ritzt F-Löcher ins Holz und bringt das Griffbrett in perfekte Krümmung. Jeder Span, der fällt, ist ein Schritt zu einem Klang, der nur in seiner Werkstatt geboren werden kann.

Am Ende ruht das fünfsaitige Cello neben weiteren Sonderanfertigungen, die er nur für einzelne Stamm­kund:innen fertigt. Reparaturen bilden den anderen Teil seines Alltags: Geplatzte Decken, Haarrisse im Lack, gebrochene D-Saite – all das erhält er mit ebenso viel Hingabe, wie er das Holz für ein neues Instrument wählt.

So bleibt Löschberger ein stiller Hüter der Tradition: Seine Werkstatt, einmal leer, würde die Stimme eines Kapitels in der österreichischen Geigenbaugeschichte verklingen lassen.