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WITCH


Illustration 20225
witch ist ein fotografisches Hybridprojekt inspiriert von der ZEITmagazin-Story über weibliche Herkunft und historische Gewalt. Zwischen Inszenierung und Symbolik thematisieren die Bilder Alter, Transformation und Widerstand. Die Tilt/Shift-Optik erzeugt gezielte Unschärfen – ein gestalterisches Echo auf das Verschobene und Verdrängte. Grün steht als ambivalente Farbe für Erdung und Abweichung: eine visuelle Spurensuche jenseits des Archivs.



SCHWESTER


Narrativ 2025
Im Sommer 2024 begleitete ich die Schwestern des Klosters der Missionsschwestern vom Heiligen Blut in Wernberg über Wochen hinweg. Ich wollte ihre leisen Tage sehen – das Netz aus unsichtbarer Care-Arbeit, das sie weben, Tag für Tag, versteckt in einer Welt, die Frauen wie sie gern überhört.

Schwester Monika war die Jüngste im Haus, erst 56, und sie öffnete für mich die Türen. Sie trug ihren leuchtend roten Rock in der Novizinnentracht bei ihrem Shooting, ein Motiv, das sie von Anfang an unbedingt umsetzen wollte. Sr. Hema musste dafür eine alte Garnitur aufstöbern und bügeln - und obwohl Monika wegen ihrer weit fortgeschrittenen Krankheit schon viel Gewicht verloren hatte, fand sie einen Rock der passte. Schon Jahre zuvor, als wir zum ersten Mal über die Möglichkeit eines Fotoshootings sprachen, erzählte sie von der speziellen Tracht. Als wolle sie mit Farbe gegen das Vergessen anschreiben. Zwei Wochen nach unseren letzten Fotos starb sie an Krebs. In ihrer Abwesenheit spürte ich die Dringlichkeit, ihre Geschichten zu bewahren: Monika, die mich zu den anderen Schwestern brachte, und deren Lachen und unbändige Aktivität und Fürsorge im Flur nun eine Leerstelle hinterließ.

Anaclet, fast 80, besucht regelmäßig die Bewohner eines Altersheims im nahen Villach. Ich folge ihr durch die Gänge in die Zimmer, beobachte wie sie Fragen stellt, Hände hält, zuhört, streichelt, erinnert.  Ihr Blick zeigt, dass Fürsorge nicht aufhört, nur weil  Körper brüchig werden.

Jacobe sitzt an einem kleinen Holztisch und sortiert getrocknete Blätter. Aus ihnen formt sie die Dekoration für Kerzen und Karten – jedes filigrane Blatt ist wie eine gefaltete Erinnerung: Handarbeit als stille Geste gegen das Auslöschen.

Paulis, in fortgeschrittener Demenz, sitzt of einfach ruhig in ihrem Rollstuhl am Gang und blickt auf eine Marienstatue, oder in den Garten. Oft umfängt sie eine Schwester mit einer Umarmung, die keine Worte braucht. In jenem Augenblick verschwimmen alle Schranken: Die Umarmung ist ein ganzer Tag Fürsorge, eine Brücke zwischen dem, was wir vergessen, und dem, was wir noch wissen. Pflege, denkt man, endet nicht mit einem Akt, sondern ist ein unaufhörlicher Dialog.

Das Kloster hält seinen Gastbetrieb aufrecht, obwohl die Bücher rote Zahlen schreiben. Für die Schwestern ist das Haus ein offener Ort der Mission: Hierher kommen Fremde, und sie finden ein gelebtes Versprechen, dass jeder willkommen ist. Durch die Stille des Refektoriums hallt ihre Überzeugung: Gemeinschaft entsteht durch geöffnete Türen und durch Hände, die halten.

Schwestern öffnet den Blick auf ein Netzwerk unsichtbarer Care-Arbeit, das von Frauen getragen wird – und doch praktisch unsichtbar bleibt in einer patriarchal organisierten Gesellschaft. 

Im Zentrum stehen alternde Frauen, die auch im hohen Alter aktiv bleiben und ihre Arbeit fortsetzen. Das Kloster betreibt trotz wirtschaftlicher Verluste einen Gastbetrieb, weil die Schwestern überzeugt sind, dass gelebte Gemeinschaft und geöffnete Türen Teil ihrer Sendung sind. Besucher erleben hier eine gelebte Form von Solidarität: Beim Eintreten empfängt sie nicht nur eine Zen-Stille, sondern eine spürbare Bereitschaft, sich mit ganzer Kraft einzubringen. Und selbst in den letzten Räumen, wo Schwester Paulis im fortgeschrittenen Stadium der Demenz lebt, ist jede Umarmung von Schwestern wie Anaclet, Daniele oder Jacobe ein Akt höchster Präsenz. Die einfache Geste, sich über Jahrzehnte treu verbundener Ordensschwestern zuzuwenden, macht deutlich: Care endet nicht mit einem Akt, sondern ist ein lebenslanger Dialog.

In Schwestern vereinen sich Unsichtbares und Sichtbares: die leisen Rituale im Klosteralltag, die vergessenen Räume des Altersheims, das schwache Licht in langen Korridoren und die kräftige Farbe eines Rocks, die sich gegen das Übersehenwerden auflehnt. Diese Arbeit macht deutlich, wie tief patriarchale Gesellschaften Frauen und ihre Care-Arbeit marginalisieren – und zeigt zugleich, wie sie an einem rein weiblichen Ort eine Gegenkraft entfalten, die uns alle betrifft.

Monika



Anaclet






veterinär (oder schmerz ist subjektiv)


Narrativ 2005 - 2015

Tierarztdokuserie begleitet Dr. Josef Frei in seiner Praxis im steirischen Stein an der Enns und hin zu den Höfen der umliegenden Gemeinden – ein Wechselspiel zwischen der Intimität von Kleintieren und der Schwere der Großtierhaltung. In der Praxis ist er der vertraute Ansprechpartner für verletzte Katzen, Vögel und Kaninchen; außerhalb, auf duftendem Heuboden, kümmert er sich um Kühe, Pferde und Schweine der Landwirte. Zwischen regelmäßigen Lebensmittelkontrollen vor und nach Schlachtungen und der unbegründeten Dringlichkeit nächtlicher Notrufe teilt Dr. Frei sein Leben in Zweiwochen-Schichten: Eine Dauerbelastung, der sich freie Wochenenden nur selten entziehen.

Durch die Linse entdecke ich, wie Schmerzenslaute nicht nur physisch, sondern auch emotional spürbar werden – in einem leisen Wimmern eines verunglückten Kalbes ebenso wie im aufmerksamen Blick einer Katze, die sich an Dr. Freis Hand anschmiegt. Hier verdichten sich Fragen: Ist Schmerz etwas, das wir in den Körper hineintragen oder das wir in ihm auslösen? Wie entstehen Bindungen zwischen Menschen und Tieren, wenn Zuneigung in der einen Sekunde Trost spendet und in der nächsten das Skalpell Präzision einfordert?

Und schließlich die große Frage: Wem gehören wir uns letztlich an? Dienen wir aus Liebe, wenn wir ein krankes Tier stundenlang sanft stützen? Dienen wir aus Hunger, wenn wir dasselbe Lebewesen später als Lebensmittel betrachten? Dr. Frei bewegt sich mühelos zwischen diesen Extremen – er tröstet, diagnostiziert, heilt und verabschiedet. In seinem Dasein, das sich so untrennbar mit den Körpern anderer Lebewesen verwebt, zeigt sich die widersprüchliche Schönheit des Mitgefühls und die stille Härte des Lebenskreislaufs.


Kommt es aus dem Körper oder in den Körper?

Wen eigenen wir uns letzten Endes wie an? Aus Liebe? Aus Hunger? 




geigenbauer


Dokumentation 2015

Hermann Löschberger arbeitet am Dachboden seines Hauses. In seiner Werkstatt spürt man den Staub alter Hobel und den Geruch hölzerner Späne. Er ist einer von wenigen Meister-Geigenbauern in Österreich, für die die Ausbildung über eine dreijährige Lehre mit begleitender Berufsschule und eine bestandene Gesellenprüfung zur Basis gehört. Erst mit der darauffolgenden Meisterprüfung erlangt man das Recht, einen eigenen Betrieb zu führen und Lehrlinge auszubilden.

Doch Löschbergers Dachbodenwerkstatt hat keine zweite Toilette und keinen Platz für Auszubildende. Darum bleibt sein ganzes Wissen ungeteilt. Jeder Geigenbauer prägt seine Instrumente mit einer eigenen, unverwechselbaren Klangsprache, die in Österreich nur noch von wenigen Dutzend Betrieben weitergetragen wird. Sobald die letzte Generation ihre Meisterstücke gefertigt hat, droht ein leises Verstummen dieser alten Handwerkskunst.

In Löschbergers Händen nimmt jedes Brett von Fichte und Ahorn eine ganz eigene Stimme an. Die Auswahl des Resonanzholzes – Fichte für die Decke, Ahorn für Boden und Zargen – erfolgt genauso sorgsam wie das mehrstufige Lackieren. Doch die eigentliche Kunst liegt in den feinen Bewegungen: Mit Stechbeitel und Schaber formt er die Decke, ritzt F-Löcher ins Holz und bringt das Griffbrett in perfekte Krümmung. Jeder Span, der fällt, ist ein Schritt zu einem Klang, der nur in seiner Werkstatt geboren werden kann.

Am Ende ruht das fünfsaitige Cello neben weiteren Sonderanfertigungen, die er nur für einzelne Stamm­kund:innen fertigt. Reparaturen bilden den anderen Teil seines Alltags: Geplatzte Decken, Haarrisse im Lack, gebrochene D-Saite – all das erhält er mit ebenso viel Hingabe, wie er das Holz für ein neues Instrument wählt.

So bleibt Löschberger ein stiller Hüter der Tradition: Seine Werkstatt, einmal leer, würde die Stimme eines Kapitels in der österreichischen Geigenbaugeschichte verklingen lassen.




humans to admire


portraits




cemetery


Architektur 2025
Not beause I like being among the dead, but because it grounds me in life. Because the question of achievement, sucess and visibility that wear me down are drowned out by silence. So I momentarily regain my clarity and can let go, without fear. Abundance.
Chacarita Cemetery, December 2022

Der Chacarita Friedhof in Buenos Aires, besonders das brutalistische Sexto Panteon von Ítala Fulvia Villa, steht im Kontrast zur Umgebung. Die Betonbauten werden von der Natur zurückerobert. Wasser und Ranken dringen durch Risse, Moos breitet sich aus, Material erodiert; der Prozess ist leise, aber unvermeidlich.

Der Verfall des Körpers spiegelt sich im Verfall der Architektur: Der Körper zerfällt, doch die Architektur, die er formte, bleibt auch weiterhin der Rahmen, der ihn umgibt. Aber auch diese Gebäude verlieren aber nun selbst ihre Form. Auflösung ist unausweichlich und zeigt sich in der Architektur genauso wie im Menschen.

Die analogen Bilder, aufgenommen mit einer Leica Kompaktkamera und einer Leica R5, spiegeln die Rohheit der Architektur und ihren Verfall wider, der auf subtile Weise den Zyklus von Leben und Vergänglichkeit abbildet.




old shells


Fotografie 2025


Das Sichtbarwerden von Brüchen markiert den Beginn einer neuen Materialität. Zerbrochene Keramik, in Kintsugi-Manier mit feinen oder ganz groben Adern (roh) zusammengefügt, verliert ihre ursprüngliche Integrität und gewinnt eine andere. Die Narbenlinien – bewusst offengelegt – fungieren als kartografische Spuren des Dazwischen: Zerstörung und Rekonstruktion, Verlust und Formfindung.

In direkter Opposition stehen Haut und Beton. Ihre Oberflächen tragen die sedimentierten Zeitschichten des Gelebten. Texturen verdichten sich, Risse entstehen, Material bricht auf – Narben als narrative Marker. Wo keramische Fragmente in klinischer Abstraktion verharren, oszilliert der Körper zwischen Verletzlichkeit und Widerstand. Die Architektur, selbst eine Membran des Gebauten, schreibt sich mit abgenutzten Kanten und offenen Stellen in diesen Zyklus ein.

Zwischen Objekt, Körper und Raum entsteht eine visuelle Untersuchung über Fragment und Kontinuität – über das, was trennt und verbindet, über Wunde, Spur und das Archiv der Zeit.





still lives of a mother



Series 2019 - 2020


A series of everyday constellations: broken things, toy parts, crumbs of domestic life.
Play meets fatigue. Order fails. Meaning slips.

Some images are quiet, others theatrical – all of them shaped by care, repetition and improvisation.
This is motherhood in objects: slightly absurd, oddly beautiful, and always in between.

de:
Fragile Arrangements aus dem Alltag: Spielzeug, Putzuntensilien, durchgelaufene Kleidung, improvisierte Ordnung.
Zwischen Müdigkeit und Magie, Struktur und Chaos.

Manche Bilder sind still, andere überzeichnet – alle entstehen aus Wiederholung, Pflege und dem Versuch, Schönheit im Dazwischen zu finden.

Mutterschaft, erzählt durch Dinge. Leise absurd. Zärtlich verdreht.
            







PAMPERS MANIFESTO


Still Lives 20225
Pampering the impossible: Some projects need support, some clients even more – wrapping ideas in bubble wrap since day one.
Freelancers are expected to catch everything: deadlines, uncertainties, misunderstandings – and yes, sometimes even the occasional mess.

We adapt. We care. We patch things up, even when the leak is bigger than the project brief.

But here’s the thing:
Care is not a one-way service.
It’s a mutual agreement.

This manifesto is a tribute to all invisible layers of freelance work – the invisible work that holds everything together when the individual designed pampers start to leak.
And it’s a reminder: even the best diaper has limits.